Jährlich müssen Schweizer Aktiengesellschaften und GmbHs eine ordentliche Generalversammlung durchführen. Die Veranstaltung ist als Zusammenkommen der Aktionäre/innen gedacht. Es können Anträge gestellt, Voten abgeben und dem Verwaltungsrat die Entlastung erteilt werden. Vielfach finden diese im Frühjahr nach dem Geschäftsabschluss statt. Bereits vor 2020 stellte sich immer öfters die Frage, ob Generalversammlungen in der digitalen Ära nicht auch elektronisch stattfinden können. Der weltweite COVID-19 Ausbruch hat der Frage mehr Dringlichkeit verleiht.
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Stand heute in der Schweiz
Die Einladung zur Generalversammlung hat zwingend schriftlich zu erfolgen. Typischerweise wird diese mit dem Jahresbericht den Aktionären/innen per Post zugestellt. Die Firmenstatuten können aber auch eine elektronische Einladung vorsehen. In diesem Fall erhält die Person mit Aktienbesitz via Email einen Zugang auf eine Plattform, um die Einladung anzunehmen und die Traktandenliste einzusehen. Bei einer Nichtteilnahme kann die unabhängige Stimmrechtsvertretung digital instruiert werden.
Bisher war in der Schweiz die Generalversammlung physisch abzuhalten. Die Aktionäre/innen (oder ihre persönliche oder unabhängige Vertretung) muss klar identifiziert werden können und haben ein Mitwirkungsrecht an der Veranstaltung.
Gemäss Bundesamt für Justiz kann während der ausserordentliche COVID-19 Lage der Veranstalter anordnen, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Rechte ausschliesslich auf schriftlichem Weg oder in elektronischer Form oder durch einen vom Veranstalter bezeichneten unabhängigen Stimmrechtsvertretung ausüben können. Dabei muss sichergestellt werden, dass alle Aktionäre/innen identifiziert werden und sich an der digitalen Versammlung äussern und abstimmen können. Zudem müssen die Teilnehmer die Voten der anderen Teilnehmer live mitverfolgen können.
Was passiert nach der ausserordentlichen COVID-19 Lage?
Am 19. Juni 2020 verabschiedete das Schweizer Parlament die Aktenrechtsrevision. Die Revision modernisiert die Generalversammlung und erlaubt die Nutzung digitaler Technologien, vorausgesetzt die Unternehmensstatuten sehen dies vor. Das Inkrafttreten der Revision wird per 1. Januar 2022 erwartet. Aufgrund der ausserordentlichen Lage ist ein früherer Termin nicht ausgeschlossen.
Wie findet nun eine digitale Generalversammlung statt?
Um diese Frage zu beantworten hat Lee & Partners Peter Schnürer, CEO daura, die digitale Aktienplattform, und Roland Cortivo, Head of Blockchain Infrastructure Swisscom, interviewt.
daura spezialisiert sich auf KMUs. Was bietet ihr den Unternehmen an?
Peter: daura ist eine digitale Aktien Plattform. Wir bieten KMUs und jungen Unternehmen auf daura die Möglichkeit Aktien digital herauszugeben, die Online-Verwaltung des Aktienbuches und die digitale Durchführung der Generalversammlung.
Welche Herausforderungen hat die Generalversammlung in Zeiten von Corona?
Peter: Bereits vor Corona war die Frage im Raum, ob zukünftig Generalversammlungen nicht auch virtuell stattfinden könnten. Dazu benötigt es jedoch eine Änderung des Aktienrechts. Die Pandemie hat die Dringlichkeit verschärft. Während der ausserordentlichen Lage konnten Unternehmen unter bestimmten Vorkehrungen die Generalversammlung digital durchführen. Plötzlich mussten Unternehmen kurzfristig Lösungen finden. daura war mit ihrem Angebot zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Wie funktioniert daura?
Peter: Unsere blockchain-basierte Plattform bietet eine digitale Lösung für die Abwicklung von Generalversammlungen. Die Person in Aktienbesitz wird via Email über die Einladung informiert, erhält einen persönlichen Zugangslink und loggt sich auf daura ein. Das Einloggen ist vergleichbar mit den heutigen E-Banking Lösungen. Auf der Plattform wartet ein Token auf die Aktienhabende. Mit dem persönlichen Stimmrechttoken können der/die Aktionär/innen sich an der virtuellen GV identifizieren und bequem digital abstimmen. Kann die Person in Aktienbesitz nicht an der digitalen Versammlung teilnehmen, kann diese ihre Stimme dem definierten Stimmrechtsvertreter abgeben. Die Instruktion an den Stimmrechtvertreter kann jederzeit bis zur eigentlichen real-time Abstimmung geändert werden. Das Unternehmen und ihre Aktionäre sehen die Ergebnisse in Echtzeit und die Ergebnisse der Abstimmung werden auf der Blockchain-Infrastruktur dokumentiert.
Wie revolutionär ist die digitale Generalversammlung wirklich?
Peter: Die rein elektronische Veranstaltung ist nicht revolutionär, jedoch die Technologie. Da die Plattform blockchain-basiert ist, ist jeder Vorgang nicht-löschbar gespeichert und manipulationssicher. Zudem ist daura eine One-Stop-Shop Aktienplattform. Alle Themen rund um das Aktienbuch werden an einem sicheren Ort effizient und kostengünstig verwaltet.
Wer steht hinter daura, und welche Rolle nimmt die Swisscom ein?
Roland: daura – entstanden aus einer Leap-Initiative von digitalswitzerland – ist ein Gemeinschaftsunternehmen der etablierten und zugleich innovativen Schweizer Partner Swisscom, SIX, Sygnum Bank, Luka Müller (MME) und Christian Wenger (Wenger & Vieli).
Als Swisscom hatten wir schon länger die Vision zum Aufbau eines umfassenden Ökosystems für Digital Assets. Die zentralen Elemente dieser Lösung umfassen die Emission und Verwahrung von digitalen Vermögenswerten, sowie Zugang zu Liquidität und Bankdienstleistungen – und nutzen dazu die Distributed Ledger-Technologie (DLT) in einer Umgebung, die regulatorischen Anforderungen entspricht. Dafür haben die Schweizerische Post und Swisscom mit der “Swiss Trust Chain” gemeinsam eine sichere und nachhaltige Infrastruktur für Blockchain-Anwendungen wie daura lanciert.
Um die führende Position der Schweiz in Bezug auf Finanzmarktinnovationen wahren zu können, bedarf es Kooperationen und neuer Plattformen.
Mit welchen Kosten müssen Unternehmen rechnen, sollten sie eine digitale Generalversammlung mit daura durchführen möchten?
Peter: Das kommt auf die Grösse des Unternehmens an. Startpakete bieten wir ab einmalig CHF 700 für Veranstaltungen mit weniger als 20 Aktionären. Die Preise sind online verfügbar.
Wie gross ist die Nachfrage konkret und was kommt als Nächstes? Wurdet ihr durch Corona überrennt?
Peter: Die aktuelle Lage hat die Nachfrage nach unserem Produkt definitiv erhöht und wir freuen uns über schnell wachsende Zahlen. Demnächst freuen wir uns über den Zugang eines Sportclubs. Weitere Details können wir bald teilen.
